
Die Vorgeschichte
Milla kam 2015 durch eine Kastrationsaktion zu uns ins Tierheim „Neu-Amerika“. Damals war sie ca. 1 Jahr alt und lebte bisher mit anderen Katzen verwildert auf einem Gelände. Der Kontakt zu Menschen war ihr sichtlich fremd & ungeheuer, was sie durch verstecken, angelegte Ohren, Brummen, Spucken, Fauchen & drohen mit der Pfote äußerte. Auch das Futter nahm sie nur über Nacht zu sich. Mit knapp 12 Monaten war die Sozialisationsphase/Gewöhnung natürlich schon lange vorbei und so standen ihre Chancen entsprechend schlecht, sich jemals an Menschen zu gewöhnen & ein festes Zuhause zu bekommen (auf was sie zu diesem Moment sicher auch gerne verzichtet hätte) 🙂 Milla wurde kastriert, entwurmt, geimpft & gechipt und lebte die nächsten Wochen zusammen mit anderen Katzen im Tierheim.

Der Umzug
Und obwohl Milla so unnahbar wirkte, verzauberte mich mit ihrer Art und ihren saphir-grünen Augen. Also gab ich ihr das Zuhause, das sie eigentlich nicht wollte. Denn als verwilderte Katzendame kommt man auf sich allein gestellt viel besser zurecht, als mit diesen blöden Menschen 🙂 Milla bekam ihr eigenes Zimmer und regelmäßig Besuch von meiner Katze, da sie mit Artgenossen sehr verträglich war. Ich beschäftigte mich täglich mit ihr, durch ruhige Ansprache, vorsichtiges Gewöhnen an Berührungen mittels einer Feder & durch Anbieten von Leckerlis. Ich verwendete Pheromonstecker & Katzenentspannungsmusik. Doch auch nach 4 Wochen war sie tagsüber noch immer nicht zu sehen & ihre Augen suchten nur nach Fluchtwegen. Ich wusste, meine schöne Milla würde kaum bzw. nicht sozialisiert werden können.
Ab in die Freiheit...
Um sie nicht noch länger Stress auszusetzen, bauten wir kurzer Hand unsere Holzhütte im Garten zu einem Katzenhaus mit Klappe um. Dort fütterte ich meinen Wildfang noch ganze 7 Tage. Innerhalb weniger Stunden konnte man eine sichtliche Entspannung ihres Verhaltens feststellen, denn sie saß tagsüber beobachtend am Fenster, putzte sich und wälzte sich in der Sonne. Dann war der großer Tag gekommen & ich öffnete die Katzenklappe, ohne zu wissen, ob ich sie jemals wiedersehen werde. Doch verblüffenter Weise kam unsere Milla nun jeden Abend pünktlich um 19.00Uhr zum „Katzenhaus“ und wartete auf ihr Futter. So vergingen ganze 5 Jahre. Man sah sie regelmäßig im Garten sitzen und auch mit anderen Katzen interagieren, aber Menschen mied sie deutlich. Eigentlich war sie wie ein Geist, der erschien, dann eine wundersame Aura ausstrahlte und wieder verschwand.

Das Wunder geschieht...
Vor ca. 2 Jahren (2021) änderte sich langsam ihr Verhalten. Sie interessierte sich plötzlich für unsere Hühner und duldete auch meine Anwesenheit mit einem Sicherheitsabstand von 2m. Nun war also meine Chance gekommen, die Arbeit mit ihr wieder aufzunehmen. Anfangs setzte ich mich mit genügend Abstand zu meiner Milla, redete ruhig und teilte Leckerlis aus. Dann verlegte ich die Futterstelle auf unsere Terrasse am Haus. Und tatsächlich zeigte der Wildfang nach mehreren Wochen zaghaftes Interesse an mir, indem sie sich im Schutze der Dunkelheit zu mir setzte, die Pfötchen einrollte und sogar die Augen dabei schloss. Es wurde in mini Schritten immer besser. Mittlerweile kommt auch ihre witzige Seite zum Vorschein. Zum Beispiel treibt sie super gerne die Hühner aus dem Freilauf ein, sie wälzt sich im Sandkasten meines Sohnes, sortiert sein Spielzeug um & auch mit meiner Katze „Luna“ wird regelmäßig lustig gespielt. All das ist so wundervoll & lässt mein Herz enorm erblühen. Ich freue mich riesig, dass diese ängstliche Katze auftaut, sich traut ihren tollen Charakter zu offenbaren & sich einfach wohlfühlen kann. Ab und An kommt sie jetzt auch unser Haus inspizieren und sitzt erwartungsvoll morgens & abends vor der Terrassentür für ihre Futterration.
Ich bin jedenfalls gespannt, welche kleinen & großen Fortschritte wir noch gemeinsam erleben dürfen, frei nach dem Motto „alles kann, nichts muss“. Milla darf einfach nur da sein & sich so entfalten wie sie möchte – alles läuft in ihrem Tempo.



Das Resumee
Diese Story zeigt ganz deutlich, dass sogar bei schlecht sozialisierte Katzen mit genügend Freiraum & Geduld eine Gewöhnung an uns Menschen stattfinden kann. Und ich möchte allen Katzenfreunden Mut machen, sich auch auf schüchterne Samtpfoten einzulassen. Denn gerade diese werden mit ein bisschen Geduld & Feingefühl zu super treuen & anhänglichen Weggefährten.
Hinweis: Nicht sozialisierte Katzen wie „Milla“ sollten möglichst kastriert, wieder freigelassen & vor Ort gefüttert werden. Eine Haltung im Haus bedeutet nur extremer Stress für diese verwilderten Katzen und eine Gewöhnung dauert, wie in diesem Beispiel, viele Jahre.